IPBES-Workshop-Bericht zu Biodiversität & Pandemien
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie führte IPBES Ende Juli 2020 einen internationalen Experten-Workshop zum Thema Biodiversität und Pandemien durch. Der Ergebnisbericht wurde am 29. Oktober 2020 veröffentlicht. Die Autorinnen und Autoren des Berichts sind sich einig, dass präventive Ansätze erforderlich sind, um künftige Pandemien zu vermeiden.
Vor seiner Veröffentlichung durchlief der Workshop-Bericht mehrere Begutachtungsrunden. Der Bericht stellt in fünf Kapiteln Fakten zu folgenden Aspekten zusammen:
- Die Beziehung zwischen Menschen und Biodiversität bei der Entstehung von Krankheiten und mögliche Maßnahmen zur Pandemievorbeugung und -bekämpfung
- Landnutzung und Klimawandel als Treiber des Pandemierisikos und Biodiversitätsverlusts
- Die Verbindung zwischen dem Handel mit wildlebenden Arten, Biodiversität und Pandemien
- Die Bekämpfung von Pandemien hängt von der biologischen Vielfalt ab und beeinflusst diese
- Politische Optionen zur Förderung transformativer Veränderungen in Richtung Pandemieprävention
Der Bericht kommt zu der Schlussfolgerung, dass bei fehlenden Präventionsstrategien Pandemien zukünftig nicht nur häufiger auftreten werden, sondern diese auch tödlicher verlaufen und die Weltwirtschaft mit verheerenderen Auswirkungen treffen können.
Der Bericht wurde auf Grundlage des vom 27. bis 31. Juli 2020 virtuell stattfindenden IPBES- Workshops zu Biodiversität und Pandemien erstellt. 17 der 22 am IPBES-Workshop teilnehmenden Expertinnen und Experten wurden von Regierungen und Organisationen im Rahmen eines IPBES-Nominierungsverfahrens im Mai 2020 nominiert und weitere fünf Expertinnen und Experten von laufenden IPBES-Arbeitselementen hinzugezogen. Zusätzlich wurden Fachleute aus folgenden zwischenstaatlichen Institutionen konsultiert: Weltklimarat IPCC, Sekretariat des internationalen Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD), Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD), Sekretariat des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das interdisziplinäre Team setzte sich damit aus führenden Expertinnen und Experten auf Gebieten wie Epidemiologie, Zoologie, öffentlicher Gesundheit, Krankheitsökologie, vergleichende Pathologie, Veterinärmedizin, Pharmakologie, Modellierung sowie Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaften zusammen.
Nach Entscheidung IPBES-3/3, Annex I können Plattform-Workshops ausgerichtet werden, um Aktivitäten und IPBES-Arbeitselemente zu unterstützen, die von IPBES-Vollversammlungen bereits angenommen wurden, um beispielsweise ein spezifisches Thema durch eine Anzahl relevanter Expert:innen eingehender zu bewerten.
Die Ergebnisse (deliverables) eines Workshops werden als Workshop-Bericht veröffentlicht. Diese durchlaufen nicht den formellen Erstellungs- und Begutachtungsprozess eines IPBES-Assessments und werden daher auch nicht von der IPBES-Vollversammlung genehmigt und angenommen.
Mit fast 700 zitierten Quellen – von denen mehr als 200 aus den Jahren 2020 und 2019 stammen – verfügt der Bericht über ein starkes wissenschaftliches Fundament und bietet Entscheidungsträgerinnen und -trägern eine wertvolle analytische Momentaufnahme der gegenwärtig verfügbaren Daten. Die vom Bericht herausgearbeiteten Zusammenhänge zwischen Biodiversität und Gesundheit im Hinblick auf Pandemien wurden u. a. im Nexus-Assessment weiter vertieft und informieren weitere Prozesse der Nachhaltigkeitsagenda 2030.
Der IPBES-Workshop zu Biodiversität und Pandemien geht auch auf Initiativen der damaligen deutschen Bundesregierung zurück. Die ehemalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte den Weltbiodiversitätsrat IPBES im April dazu aufgerufen, den aktuellen weltweiten Wissensstand zum Thema biologische Vielfalt und Pandemien zusammenzutragen. Des Weiteren hat das BMU (heute BMUKN) die Erstellung des Workshop-Berichts zu Biodiversität und Pandemien finanziell unterstützt.
Video des IPBES-Sekretariats zum Biodiversitäts- & Pandemiebericht
Video der virtuellen Pressekonferenz des IPBES-Sekretariats zum Biodiversitäts- & Pandemiebericht
Nationale Pressestimmen
29.10.2020, Die Süddeutsche Zeitung (SZ) kommentiert: “Das Pandemiezeitalter muss nicht kommen. Stattdessen könne das Pandemierisiko durch eine Verringerung naturschädlicher Aktivitäten, mehr Schutzgebiete und einen besseren Schutz der biologischen Vielfalt vor allem in den Tropen deutlich verringert werden.” https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/pandemie-zoonosen-infektionskrankheiten-artenschutz-ipbes-1.5098402
29.10.2020, Der Spiegel schreibt: “Weltbiodiversitätsrat fordert Strategiewechsel im Kampf gegen Viren. […] Das Pandemierisiko könne durch die Reduzierung der menschlichen Aktivitäten, die auch den Verlust der biologischen Vielfalt vorantreiben, durch eine stärkere Erhaltung von Schutzgebieten und durch Maßnahmen, die die nicht nachhaltige Ausbeutung von Regionen mit hoher biologischer Vielfalt reduzieren, deutlich verringert werden.”
https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/corona-weltbiodiversitaetsrat-fordert-strategiewechsel-im-kampf-gegen-viren-a-c4f16eed-600a-4a8d-8d79-a8f08e9ea4d4
29.10.2020 Die Zeit berichtet: “Naturschutz kann Pandemien vorbeugen.[…] In Zukunft drohen nach Überzeugung von Forschern noch viel verheerendere Pandemien als Corona - es sei denn, die Menschheit stellt sich fundamental um. […] Die Forscher fordern eine ökologische Pandemievorsorge.” https://www.zeit.de/news/2020-10/29/forscher-naturschutz-kann-pandemien-vorbeugen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.startpage.com%2F
30.10.2020, Der Deutschlandfunk kommentiert: “Pandemie und Artensterben nur zusammen beherrschbar. Aufgrund von Naturzerstörung und Artensterben wächst das Risiko neuer Pandemien, warnt der Weltbiodiversitätsrat in einem Bericht für die Bundesregierung. Das weltweite Rahmenabkommen zur Bekämpfung des Artenschwunds könnte helfen – jedoch nehme es kaum jemand ernst.”
https://www.deutschlandfunk.de/bericht-des-weltbiodiversitaetsrats-pandemie-und.720.de.html?dram:article_id=486723
02.11.2020, klimareporter schreibt: “Naturschutz ist besser als Lockdown. Der Weltbiodiversitätsrat IPBES warnt vor weiteren Pandemien. Vermeiden lasse sich dieses Szenario nur, wenn Politik und Wirtschaft beim Natur-, Umwelt- und Klimaschutz umsteuern, und zwar gleichzeitig und abgestimmt”. https://www.klimareporter.de/erdsystem/naturschutz-ist-besser-als-lockdown
30.10.2020, UN Bonn bemerkt: “Der ‘Ära der Pandemien’ entgehen […] Das Pandemierisiko kann erheblich verringert werden, indem die menschlichen Aktivitäten, die den Verlust der biologischen Vielfalt vorantreiben, reduziert werden, indem Schutzgebiete besser geschützt werden und indem Maßnahmen ergriffen werden, die die nicht nachhaltige Ausbeutung von Regionen mit hoher biologischer Vielfalt verringern.” https://www.unbonn.org/de/news/der-aera-der-pandemien-entgehen-ipbes-pandemicsreport-jetzt-verfuegbar
29.10.2020, Greenpeace Magazin schreibt: “Naturschutz senkt Risiko für Pandemien. In Zukunft drohen nach Überzeugung von Forschern noch viel verheerendere Pandemien als Corona - es sei denn, die Menschheit stellt sich fundamental um. […] Eigentlich sei die Botschaft des Berichts sehr positiv[…]. Sie laute, dass die Menschen Pandemien verhindern könnten.”
https://www.greenpeace-magazin.de/ticker/forscher-naturschutz-senkt-risiko-fuer-pandemien
29.10.2020. WWF Deutschland schreibt: “Neuer IPBES-Report: Entschlossener Umweltschutz ist die beste Pandemievorbeugung. Der WWF sieht die Europäische Union in der Verantwortung, zur globalen Vorreiterin einer ökologischen Pandemievorsorge zu werden […] Zudem muss sich die EU in den Verhandlungen eines neuen Rahmenwerkes der UN-Biodiversitätskonvention (Convention on Biological Diversity, CBD) für ein ambitioniertes Ergebnis einsetzen.”
https://www.wwf.de/2020/oktober/pandemierisiko-steigt-mit-fortschreitender-naturzerstoerung
Internationale Pressestimmen
29.10.2020, RTL Today, Luxemburg bemerkt: “Nature loss means deadlier future pandemics, UN warns. Future pandemics will happen more often, kill more people and wreak even worse damage to the global economy than Covid-19 without a fundamental shift in how humans treat nature”
https://today.rtl.lu/news/science-and-environment/a/1604067.html
29.10.2020, The Guardian schreibt: “The world is in an ‘era of pandemics’ and unless the destruction of the natural world is halted they will emerge more often, spread more rapidly, kill more people and affect the global economy with more devastating impact than ever before.”
https://www.theguardian.com/environment/2020/oct/29/protecting-nature-vital-pandemics-report-outbreaks-wild
29.10.2020, Das Science Media Centre (smc) veröffentlicht Kommentare von 10 Wissenschaftlern: “It is no coincidence that we are experiencing a public health crisis at the same time as a biodiversity crisis, and it is incumbent on us all to work to restore biodiversity if we are to protect human health into the future. […] Fortunately, there are common solutions in protecting and restoring natural habitats and reducing our collective footprint on the planet.”
https://www.sciencemediacentre.org/expert-reaction-to-an-ipbes-workshop-report-on-biodiversity-and-pandemics/
29.10.2020, Das Norwegian Veterinary Institute bemerkt: “The advice from a group of leading experts is clear in a report on biodiversity and pandemics from an expert workshop organized by IBPES: In the future, new pandemics will appear more often, spread faster, do more damage to the world economy and kill more people than covid-19 unless we fundamentally change the way we deal with communicable diseases globally.”
https://wwweng.vetinst.no/news/hvordan-unnga-nye-og-kanskje-mer-alvorlige-pandemier-copy
29.10.2020, EurekAlert schreibt: “Escaping the 'Era of Pandemics': experts warn worse crises to come. […] Pandemic risk can be significantly lowered by reducing the human activities that drive the loss of biodiversity, by greater conservation of protected areas, and through measures that reduce unsustainable exploitation of high biodiversity regions”.
https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-10/tca-et102820.php
29.10.2020, Die CBD Exekutivsekretärin erklärt in einer Pressemitteilung: “Biodiversity loss and disease emergence share many of the same drivers: human-made changes to nature that disrupt biodiversity, such as deforestation, land-use change and the way we manage agricultural and food production systems, to mention but some.’ […] ‘The post-2020 global biodiversity framework can play a significant role in building the resilience that the IPBES report identifies as needed need in the face of growing environmental, health and development challenges.’” https://www.cbd.int/press-releases/
29.10.2020, UNEP kommentiert: “The report by The IPBES addresses the links between the degradation of nature and increasing pandemic risks, quantifying the economic costs of pandemics as well as the costs of preventing future pandemics, and offers evidence-informed policy options for governments and decision-makers to escape the era of pandemics”.
https://www.unenvironment.org/resources/report/ipbes-workshop-report-biodiversity-and-pandemics
29.10.2020, Die UNESCO kommentiert: “UNESCO welcomes the release of the latest expert report from the IPBES which establishes the links between biodiversity loss and the increase in pandemic risk factors. […] Through its biodiversity strategy, UNESCO mobilizes its networks and partners to work on a set of values and principles that should guide actions to restore, conserve and transmit the value of biodiversity. We must transform the way we live on Earth together with other species of the living world and establish a new pact”.
http://www.publicnow.com/view/AEEE1227F1AC76681F7FFE778F844B0DF51F2039?1603986483
29.10.2020, UN News kommentiert: “Reduce risk to avert ‘era of pandemics’, experts warn in new report. [...] Pandemic risk can be significantly lowered, the experts said, through greater conservation of protected areas, and other measures to reduce human activities that contribute to biodiversity loss. […] ‘Escaping the era of pandemics is possible’, the experts said, but will require ‘a seismic shift’ in approach, from reaction to prevention.” https://news.un.org/en/story/2020/10/1076392
01.11.2020, Forbes berichtet: “Most governments and international bodies have avoided tinkering with the human diet. […] In contrast, the IPBES recommends not only less consumption of wildlife that host pathogens like COVD-19, but also less consumption of domestic livestock that can bridge those pathogens to humans.” https://www.forbes.com/sites/jeffmcmahon/2020/11/01/intergovernmental-panel-links-pandemic-risk-to-meat-consumption/?sh=4b5b92f7470b