Prof. Dr. Tobias Plieninger

„Dank IPBES wurde die globale Biodiversitätskrise zu einem der großen Themen unserer Zeit. Jetzt ist es nötig, Visionen für eine nachhaltige Welt zu entwerfen und aufzuzeigen, wie ein transformativer Wandel hin zu einer solchen Welt eingeläutet werden kann.“

Portraitfoto Tobias PlieningerSonja Rode (Lichtfang.net)
Foto bereitgestellt von Tobias Plieninger.

Angaben zur Person:

Prof. Dr. Tobias Plieninger, Professor für sozial-ökologische Interaktion

Institutionelle Anbindung:
Universität Göttingen und Universität Kassel

Weitere Hintergrundinformationen zu Person und Institution:
http://www.uni-kassel.de/go/plieninger

Funktionen im IPBES-Prozess

  • Lead Author von Kapitel 4 des thematischen IPBES-Assessments über die zugrunde liegenden Ursachen des Biodiversitätsverlusts und die Einflussfaktoren transformativen Wandels sowie über Optionen zur Verwirklichung der Vision 2050 für Biodiversität („Transformative Change Assessment“, seit 2021);
  • Review Editor für das regionale Assessment zu Biodiversität und Ökosystemleistungen für die Region Europa und Zentralasien (2015-2018);
  • Contributing Author im thematischen IPBES-Assessment zu Landdegradierung und Wiederherstellung (2015-2018)


Fragen:

Was ist Ihre Motivation, sich aktiv am IPBES-Prozess zu beteiligen?
“Transformativer Wandel” hin zur Nachhaltigkeit ist ein Paradigma, das breite Unterstützung in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erfährt. Meine Motivation ist, diesen Begriff mit Inhalten zu füllen und auf diese Weise auch mit meiner eigenen Forschungsagenda zum “Transformativer Wandel” beizutragen.

Was ist für Sie das Besondere am Weltbiodiversitätsrat IPBES?
Unter den vielen Beratungsgremien im Bereich der Nachhaltigkeit sticht IPBES durch seine globale Perspektive, seine wissenschaftliche rigorose Herangehensweise und seine inhaltliche Tiefe hervor. Persönlich fasziniert mich inbesondere die Integration von wissenschaftlichem, lokalem und indigenem Wissen in den IPBES-Berichten.

Sie waren bereits länger an einem IPBES-Prozess (welchem?) beteiligt. Welche Erfahrungen haben Sie dort bisher machen können und was hat Sie besonders beeindruckt?
Ich war am IBPES-Bericht zu Europa und Zentralasien als Review Editor beteiligt. Mich hat dabei die Intensität der verschiedenen Begutachtungsrunden beeindruckt. Tausende von Rückmeldungen von Wissenschaftler*innen und Regierungsvertreter*innen zu integrieren, bringt unglaublich viel Arbeit mit sich, steigert aber die Qualität und Akzeptanz der Berichte ganz erheblich.

Für welches Kapitel haben Sie sich zur Verfügung gestellt und was wäre ein wertvolles Resultat aus Ihrer Sicht?
Ich werde in Kapitel 4 „Overcoming the challenges of achieving transformative change towards a sustainable world“ mitarbeiten. Die vielfältigen Barrieren, die einem Wandel zu mehr Nachhaltigkeit entgegenstehen, systematisch zu identifizieren und konkrete Wege aufzuzeigen, wie diese Hindernisse überwunden werden können, ist sehr anspruchsvoll, wäre aber am Ende ein wunderbares Ergebnis.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit „Wissenschafts-Politik-Schnittstellen“ gemacht?
Ich habe lange an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gearbeitet und dort Arbeitsgruppen koordiniert, die sich mit nachhaltiger Landnutzung und Entwicklung ländlicher Räume befasst haben. Zuletzt war ich Mitglied der Arbeitsgruppe „Biodiversität in der Agrarlandschaft“ der drei nationalen Wissenschaftsakademien.  

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie bei einer Mitarbeit an solchen Schnittstellen?
Ich habe in der Arbeit an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik erlebt, wie viel Spaß es macht, mit herausragenden Expert*innen unterschiedlicher Fachgebiete zu gesellschaftlich brisanten Themen zu arbeiten. Ich habe aber auch gelernt, dass es Politikfelder gibt, etwa die Agrarpolitik, die so stark von Interessengruppen beinflusst sind, dass wissenschaftliche Perspektiven nur mit großer Mühe durchdringen.

Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft von IPBES?
IPBES ist ein ausgesprochen zeitintensiver und langjähriger Prozess. Ich würde mir mehr niederschwellige Beteiligungsformen wünschen, die auch denjenigen eine Mitarbeit ermöglichen, die weniger Zeit investieren können. Auch in ökologischer Hinsicht wünsche ich mir einen nachhaltigen Arbeitsstil, in dem beispielsweise Fernreisen zu Autor*innen-Treffen die absolute Ausnahme sind.

IPBES relevante/IPBES-bezogene Veröffentlichungen

Heindorf, C., Schüler, S. & Plieninger, T. (2024). Poetic inquiry to explore the relational values of a transforming peat landscape. People and Nature 6, 1189-1205.

Tiebel, M., Mölder, A., Bieling, C., Hansen, P. & Plieninger, T. (2024). Understanding small-scale private forest owners is a basis for transformative change towards integrative conservation. People and Nature 6, 337-353.

Beery, T., Stahl Olafsson, A., Gentin, S., Maurer, M., Stålhammar, S., Albert, C., Bieling, C., Buijs, A., Fagerholm, N., Garcia-Martin, M., Plieninger, T. & Raymond, C.M. (2023). Disconnection from nature: Expanding our understanding of human–nature relations. People and Nature 5(2), 470-488.

Cebrián-Piqueras, M.A., Palomo, I., Lo, V. B., López-Rodríguez, M.D., Filyushkina, A., Fischborn, M., Raymond, C.M. & Plieninger, T. (2023). Leverage points and levers of inclusive conservation in protected areas. Ecology and Society 28(4), 7.