Dr. Jennifer Hauck

„Ich hoffe, dass wir mit IPBES einen Beitrag leisten können, Debatten in der Gesellschaft auszulösen, verschiedenste Bedürfnisse zu beleuchten und Lösungswege daraufhin abzuklopfen. Eine besondere, aber auch sehr sinnvolle, Herausforderung ist für mich dabei die Forderung an uns Wissenschaftler*innen, nicht 'policy-prescriptive' zu sein.“

Portraitfoto Dr. Jennifer Hauck Foto bereitgestellt von
Dr. Jennifer Hauck

Angaben zur Person:

Dr. Jennifer Hauck, Geographin mit den Nebenfächern Soziologie und Politikwissenschaften

Institutionelle Anbindung:
CoKnow Consulting – Coproducing Knowledge for Sustainability

Weitere Hintergrundinformationen zu Person und Institution:
www.coknow.de

Autorin in welcher Expertengruppe / Task Force (vergangen und gegenwärtig); ggf. weitere Funktionen im IPBES-Prozess

  • Koordinierende Leitautorin für das Kapitel 5 des IPBES-Arbeitsprogramms 2 (b) Regionale/subregionale Assessments zu Biodiversität und Ökosystemleistungen für die Region Europa und Zentralasien; abgeschlossener Prozess
  • Mitglied der Expertengruppe für die zweite Phase der IPBES Arbeit an Szenarien und Modellierung (Entscheidung IPBES-4/2); abgeschlossener Prozess
  • Review Editor für das IPBES-Arbeitsprogramm Element 3 (c) Politikunterstützungsinstrumente sowie Methoden der Szenarienanalyse und Modellierung von Biodiversität und Ökosystemleistungen auf Grundlage eines Assessments und eines Leitfadens; abgeschlossener Prozess

Teilnahme in anderen IPBES-relevanten Aktivitäten
Koordinierende Leitautorin für das Kapitel 9 „Transformationspotenziale“ des Faktencheck Artenvielfalt, ein deutsches Assessment zu Biodiversität, das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird.

Fragen:

Was war Ihre Motivation, sich aktiv am IPBES-Prozess zu beteiligen?
Zum einen war für mich die Idee äußerst reizvoll, meine sozialwissenschaftliche Expertise für Entscheidungen zum Schutz der Biodiversität und Ökosystemleistungen zur Verfügung zu stellen, zum anderen bot der Prozess tolle Möglichkeiten sich international zu vernetzten. Außerdem konnte ich sehr viel von Assessment-erfahrenen Expert*innen lernen.

Was ist für Sie das Besondere am Weltbiodiversitätsrat IPBES?
Was mich sehr beeindruckt hat, ist der Versuch eines ganzheitlichen Ansatzes, vor allem hinsichtlich der Inklusion verschiedener Wissens- und Wertesysteme. Hier stehen wir sicherlich noch ganz am Anfang, und vieles kann verbessert werden, aber beispielsweise ist der konzeptionelle Rahmen für IPBES ein guter, erster Schritt in die richtige Richtung!

Sie waren bereits schon länger im Erstellungsprozess für das 3 (c) „Policy support tools and methodologies for scenario analysis and modelling of biodiversity and ecosystem services“ beteiligt. Welche Erfahrungen haben Sie dort bisher machen können und was hat Sie besonders beeindruckt?
Besonders beeindruckend, und auch motivierend, war die hervorragende Zusammenarbeit zwischen den Kolleg*innen zu erfahren und mit so vielen brillanten Köpfen zu arbeiten. Aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive ist es außerdem sehr spannend die Interaktionen zwischen Wissenschaft und Politik zu beobachten.

An welchem Schwerpunktthema haben Sie mitgearbeitet, und was wäre ein wertvolles Resultat aus Ihrer Sicht?
In IPBES-Arbeitsprogramm Element 3 (c) habe ich am Kapitel 5 „Integrated and cross-scale analysis of interactions of the natural world and human society“ mitgearbeitet. Ein wertvolles Ergebnis war für mich, den Mehrwert einer solchen integrierten Sichtweise zu zeigen, aus der sich dann robustere Handlungsoptionen ableiten lassen.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit "Wissenschafts-Politik-Schnittstellen" gemacht?
Ich arbeite auf verschiedenen Ebenen an der Schnittstelle, aktuell beispielsweise in Faktencheck Artenvielfalt, ein deutsches Assessment zu Biodiversität. Persönlich ist es natürlich ein gutes Gefühl „einen sinnvollen Beitrag“ mit meiner Forschung leisten zu können. Ich sehe aber auch die Herausforderung, dass meine Rolle meist nicht klar definiert ist: zeigen wir als Wissenschaftl*innen Optionen auf oder geben wir Empfehlungen; schlagen wir Themen vor, die wir als problematisch empfinden oder arbeiten wir an Problemen die von der Gesellschaft der Politik als Herausforderung wahrgenommen werden; wo ziehe ich die Linie zwischen der Dringlichkeit mit der Antworten erwartet werden und der Glaubwürdigkeit meiner Forschung und damit verbundenen Publikationen, usw. Für mich ist es schwierig eine Antwort auf diese Fragen zu haben und eine kontinuierliche Reflexion meiner Rolle finde ich essentiell.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie bei einer Mitarbeit an solchen Schnittstellen?
Chancen sind sicherlich Möglichkeiten sich mit großartigen Wissenschaftler*innen zu vernetzten und viele verschiedene Dinge zu lernen. Auch die Sichtbarkeit, die ich durch die Mitarbeit in den verschiedenen Aktivitäten erlangt habe, hat mir geholfen mich zu etablieren. Eine Hauptherausforderung bei der Mitarbeit an solchen Schnittstellen sehe ich darin, dass sehr häufig erwartet wird, dies ehrenamtlich zu tun. Ethisch befinde ich mich dann manchmal in einer Zwickmühle, da ich in meiner Freizeit gerne auch meine eigene Meinung vertrete, die sich nicht in allen Fällen mit meiner Meinung als Wissenschaftler*in deckt.

Was ist Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft von IPBES?
Ich würde mir deutlich mehr Einbindung von Wissen aus nicht-wissenschaftlichen Wissenssystemen wünschen. Ich würde mir außerdem eine deutlich höhere Beteiligung von Sozialwissenschaftler*innen auch aus Disziplinen wie Ethnologie, Soziologie, Politikwissenschaften oder Humangeographie wünschen. Außerdem wünsche ich mir eine angemessene Entschädigung für alle die qualitativ hochwertige Arbeit für IPBES und an anderen "Wissenschafts-Politik-Schnittstellen" leisten.