Dr. Hendrik Freitag

"Ein erfolgreicher Schutz der Biosphäre und ihrer diversen Lebensformen wird letztlich nicht allein durch Regularien und Gesetze bestimmt werden, sondern vom Willen sich von der einseitigen Ausrichtung auf Konsum und Trends zu lösen, verbunden mit einer Rückbesinnung auf intrinsische und immaterielle Werte der Natur und des Menschen."

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Dr. Hendrik Freitag

Angaben zur Person:
Hendrik Freitag, Dr., Professor (Ateneo de Manila University); Systematik, Entomologie und Gewässerökologie

Institutionelle Anbindung:
Forschungskoordinator und Dozent am Fachbereich Biologie der Ateneo de Manila University, Philippinen & Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung und an der Universiti Brunei Darussalam

Weitere Hintergrundinformationen zu Person und Institution:
https://ateneo.edu/ls/sose/biology/faculty/freitag-hendrik
http://www.researchgate.net/profile/Hendrik_Freitag

Autor in welcher Expertengruppe / Task Force (vergangen und gegenwärtig); ggf. weitere Funktionen im IPBES-Prozess

Lead Author für Kapitel 3 (Status und Trends) im Assessment für das IPBES-Arbeitsprogramm Element 2(b); Regionale/subregionale Assessments zu Biodiversität und Ökosystemleistungen für die Region Asien und Pazifik; laufender Prozess

Teilnahme bei anderen IPBES-relevanten Aktivitäten

IPBES-5 Plenary in Bonn 2015 als Interessenvertreter (stakeholder)

Fragen:

Was ist Ihre Motivation, sich aktiv am IPBES-Prozess zu beteiligen?

Ich möchte gern auch Daten und Erfahrungen einfliessen lassen, die über den wissenschaftlichen und politischen Mainstream hinausgehen. Die Debatte wird auf globaler Ebene zumindest von Akteuren bestimmt, die mit Natur und Biodiversität in der freier Wildbahn fast nicht mehr in Berührung kommen.

Was ist für Sie das Besondere am Weltbiodiversitätsrat IPBES?

Die internationale und konzentrierte Arbeitsatmosphäre hat mir gut gefallen. Während der Arbeitstreffen wurde auf unnötige Extravaganzen und Entertainment verzichtet. Sie heben sich damit wohltuend von vielen internationalen Fachkonferenzen ab.

Für welches Kapitel haben Sie sich zur Verfügung gestellt und was wäre ein wertvolles Resultat aus Ihrer Sicht?

Ich arbeite für das Kapitel "Status, trends and future dynamics of biodiversity and ecosystems underpinning nature's contributions to people", wobei ich besonders in der Arbeitsgruppe Süßwasser aktiv bin. Ich hoffe wir werden dabei herausstellen und mit Daten untermauern können, dass Binnengewässer und deren Biodiversiät aufgrund zahlreicher Spezifika ganz besonders gefährdet sind und dringend eines effektiveren Schutzes bedürfen. Das ist auch von großer Bedeutung für die Menschen, die an und von den Gewässern leben.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit „Wissenschafts-Politik-Schnittstellen“ gemacht?

Neben meiner wissenschaftlichen Tätigkeit engagiere ich mich u.a. in der „Biodiversity Conservation Society of the Philippines“ und bei der Erstellung der nationalen Roten Listen gefährdeter Tiere und Pflanzen der Philippinen. Ausserdem arbeite ich seit Jahren mit philippinischen Kommunen an Wiederaufforstungsprojekten mit dem sogenannten „Rainforestation“-Ansatz, bei dem ein Mix aus ortstypischen Harthölzern und Nutzpflanzen zum Einsatz kommt. Das ist sowohl für die indigene Biodiversität, als auch für die nachhaltige Existenzsicherung der Landbevölkerung sinnvoll.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie bei einer Mitarbeit an solchen Schnittstellen?

Die praktische Arbeit mit politischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren in den Kommunen scheint mir oft zielführender zu sein, als formale gesetzespolitische Maßnahmen auf höherer Ebene. Man hat z.B. in den Philippinen viel Geld für ein „National Greening Program“ eingesetzt, dabei aber leider die Chance vertan, konsequent auf eine Aufforstung mit heterogenen und ortstypischen Gehölzen zu setzen. Ein Umdenken ist zwar auf nationaler Ebene in Gang, aber es dauert zu lange, bis das durch die komplexen Zuständigkeitsebenen in den Kommunen ankommt. Derweil werden weiter exotische Monokulturen gepflanzt, die nachweislich nicht die indigene Biodiversität fördern.

Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft von IPBES?

Mir ist es wichtig, dass mehr Experten bei IPBES beteiligt sind, die sich praktisch auf unterschiedlichen Ebenen mit Biodiversität beschäftigen und sich mit den Menschen auseindersetzten (müssen), die davon direkt abhängig sind.