Wirtschaft und Biodiversität

Umsetzung des Aufrufs zur Nominierung von Expertinnen und Experten sowie Fellows für das IPBES Business & Biodiversity Assessment.

Bereits auf der zweiten Plenarsitzung des UNEP zur Festlegung der Modalitäten und institutionellen Regelungen für den damals entstehenden Weltbiodiversitätsrat IPBES im April 2012 nahmen neben einer Reihe staatlicher, zwischenstaatlicher und Nichtregierungsorganisationen auch Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft beobachtend teil.

Der Privatsektor wurde bereits auf der ersten Vollversammlung des IPBES (IPBES-1) Anfang 2013 als relevanter Stakeholder und Nutzer des auf IPBES-2 verabschiedeten konzeptionellen Rahmens des IPBES identifiziert. Seitdem ist er als entscheidender Akteur für den Schutz sowie die nachhaltige Nutzung der Natur und damit auch als wichtiger Nutzer von weiteren IPBES-Produkten in verschiedenen nachfolgenden Beschlüssen anerkannt worden.

Schon seit 2015 diskutieren neben der deutschen IPBES-Koordinierungsstelle auch andere nationale Akteure – darunter insbesondere die Dialog- und Aktionsplattform „Unternehmen Biologische Vielfalt – UBi“ – die Rolle der Wirtschaft im IPBES-Prozess, deren Beteiligungsmöglichkeiten an Arbeitselementen des IPBES-Arbeitsprogramms, aber auch mögliche Besonderheiten bei der Berücksichtigung von Expertinnen und Experten aus der Praxis in IPBES-Nominierungsverfahren.

Business Impact

malp / Adobe Stock

Von 2019 an gewannen die Diskussionen an Dynamik mit der Verabschiedung des fortlaufenden flexiblen IPBES Arbeitsprogramms bis 2030, das auch eine methodologische Bewertung des Einflusses von Wirtschaft und Unternehmen auf und deren Abhängigkeit von Biodiversität und Beiträgen der Natur für die Menschen ("Business & Biodiversity") als Arbeitselement 1(d) vorsieht.

Mit der Annahme des Scopingberichts für das Business & Biodiversity Assessment der neunten Vollversammlung von IPBES im Juli 2022 wurden Prozess, Umfang, Ziele, Struktur und inhaltlicher Rahmen, aber auch die methodologische Herangehensweise für das zukünftige Assessment festlegt (für näheres zu IPBES-9 siehe unseren Newsletter 2022/1). Am 22. August 2022 veröffentlichte IPBES den Aufruf an Regierungen und Organisationen zur Nominierung von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis für das methodologische Assessment sowie am 30. August 2022 einen entsprechenden IPBES-Aufruf zur Nominierung von early career individuals als Fellows, an dem sich Deutschland erstmals aktiv beteiligt hat.

Bei der nationalen Umsetzung des internationalen IPBES-Nominierungsaufrufs hat die Deutsche IPBES-Koordinierungsstelle in entsprechenden nationalen Veranstaltungen (siehe hierzu auch den Bericht des neunten nationalen IPBES-Forums) gezielt über das anstehende Assessment informiert. Darüber hinaus wurden nach Veröffentlichung der Aufrufe die Spitzen- und Branchenverbände der deutschen Wirtschaft anhand der Unterstützer-Liste der Plattform „Unternehmen Biologische Vielfalt – Ubi“ auf die Beteiligungsmöglichkeit des Privatsektors hingewiesen. Die Outreach-Aktivitäten Richtung Wirtschaft wurden von der „Biodiversity in Good Company“ Initiative unterstützt, welche die Aufrufe für Expertinnen und Experten sowie Fellows zusätzlich über die eigenen Kanäle verbreitete.

Das IPBES Fellowship-Programm bietet sogenannten early career individuals aus Wissenschaft und Praxis eine einmalige Gelegenheit an einem IPBES-Assessment mitzuwirken und in einem internationalen Team von Expertinnen und Experten zu arbeiten.

Early career individuals sollten sich laut IPBES-Verfahren in einem frühen Stadium ihrer Karriere befinden, das heißt nicht älter als 35 Jahre alt sein und der Abschluss ihres Hochschulstudiums sollte nicht länger als fünf bis sieben Jahre zurückliegen. Den von IPBES ausgewählten Fellows wird ein Mentor/ eine Mentorin (Senior Expert des Assessments) an die Seite gestellt, welche/r sie im Rahmen ihrer Mitarbeit an einem Assessment-Kapitel unterstützt.

Von Deutschland nominierte und im anschließenden internationalen Verfahren ausgewählte Fellows werden für das IPBES Business & Biodiversity Assessment erstmalig von der deutschen IPBES-Koordinierungsstelle über den mehrjährigen Assessmentzeitraum administrativ und prozessual begleitet. Darüber hinaus wird die Teilnahme an obligatorischen Treffen im Laufe des Assessmentverfahrens (z. B. Autorentreffen und IPBES-Trainingsworkshops für Fellows) bedarfsbezogen finanziell unterstützt, sofern keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Für das IPBES Businesss & Biodiversity Assessment sind insgesamt bis zu zwölf Fellows vorgesehen.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

Die technische Unterstützungseinheit (TSU) von IPBES zu Capacity Building bot außerdem Anfang Oktober 2022 mehrere Online-Dialogveranstaltungen an, um Regierungen und weiteren IPBES-relevanten Stakeholdern die Möglichkeit zu geben, sich über das anstehende Assessment, die Nominierungsprozesse und Einbeziehung des Privatsektors auszutauschen. Im Rahmen der Dialogveranstaltungen wurde die Deutsche IPBES-Koordinierungsstelle neben China und der Schweiz von der IPBES TSU eingeladen, den nationalen Nominierungsprozesse für Expertinnen und Experten und Fellows bei diesen Online-Dialogen vorzustellen, insbesondere im Hinblick auf die Ansätze zur Einbindung des Wirtschafts- und Finanzsektors. Die Präsentation der Deutschen IPBES-Koordinierungsstelle stieß bei den IPBES-Mitgliedern sowie den weiteren Stakeholdern auf großes Interesse. Insbesondere die zentrale Rolle des nationalen IPBES ad hoc Gremiums, welches die national eingegangen Interessenbekundungen im Auftrag der Bundesregierung unabhängig prüft, erregte Aufmerksamkeit. Dieses Gremium setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern nationaler Dachverbände und Netzwerke unabhängiger und nationaler Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen (inklusive Sozial- und Geisteswissenschaften), des Sachverständigenrats für Umweltfragen, der „Biodiversity in Good Company“ Initiative sowie von Nichtregierungsorganisationen zusammen.

Darüber hinaus wurde mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Deutschland nach einer Bedarfsprüfung auch eine finanzielle Unterstützung von Expertinnen und Experten und Fellows ermöglicht, die von Deutschland nominiert und im anschließenden internationalen Auswahlverfahren für ein Assessment ausgewählt werden.

Im Rahmen des nationalen Nominierungsprozesses wurden fünf Expertinnen und Experten sowie ein early career individual für das Business & Biodiversity Assessment von Deutschland nominiert. Das internationale Auswahlverfahren durch das Multidisziplinäre Expertinnen- und Expertengremium (MEP) wird voraussichtlich bis Anfang 2023 abgeschlossen sein.